Buchholzer Gemeinderat vergibt Chance


Der Gemeinderat von Buchholz hat in seiner Sitzung am 15.03.2021 beschlossen, die Gespräche mit der Ortsgemeinde Windhagen im Hinblick auf die Gründung eines Kita-Zweckverbands abzubrechen. Der dortige Bürgermeister lastet unter dem Strich das Scheitern des Zweckverbands den „...handelnden Personen der Elf-Stimmenmehrheit...“ (gemeint sind Fraktionen von G–BfW, SPD und Grünen) im Gemeinderat von Windhagen an. Auch ist in diesem Zusammenhang die Rede von Beleidigungen, Unterstellungen in einer medialen Hetzjagd gegen ihn und den Buchholzer Rat durch Mitglieder des Windhagener Gemeinderats, die er aufs Schärfste verurteile.

Wer die bisherigen Presseverlautbarungen in der Rhein-Zeitung und anderen Medien zu dem Thema verfolgt hat, kann sich dieser Sicht der Dinge nicht anschließen. Der wahre Grund für die Kontroverse wird wieder einmal verschleiert. Es wird geflissentlich übersehen, dass allein die miserable Informationspolitik - zumindest gegenüber dem Gemeinderat Windhagens - zu dieser Situation geführt hat. Der Rat in seiner Gesamtheit wurde weder über die Tatsache der Aufnahme der Gespräche vor  dem April 2020, noch bis zu den Sitzungen am 17.12.2020 und 14.01.2021 über Inhalte und Ziele des gebildeten Steuerungskreises ausreichend informiert.

Bereits am17.12.2020 sowie in einem kurz danach geführten Gespräch zwischen den beteiligten Ortsbürger-meistern, dem Verbandsbürgermeister und den Fraktionsvorsitzenden aus Windhagen wurde dieser Mangel deutlich angesprochen. Entsprechende Nachfragen in der Gemeinderatssitzung am 14.01.2021 zu den geplanten internen organisatorischen Abläufen zwischen einem Kita-Zweckverband und den Ortsgemeinden wurden nicht beantwortet. Gerade angesichts der Tatsache, dass der Gemeinderat Windhagen bereits mit seinem einstimmigen Beschluss vom 17.12.2020 (mit der Stimme des Ortsbürgermeisters) die Überleitung aller bisher den Ortsgemeinden obliegenden Kita-Trägeraufgaben auf einen zu gründenden Zweckverband eingefordert hatte, hätte Antworten auf diese Nachfragen erfordert.

Diese Bewertung teilt auch der Elternausschuss der Kita Spatzennest. In seinemSchreiben vom 10.03.2021 klagt er darüber, durch den Ortsbürgermeister in mehreren Sitzungen des Elternausschusses nicht über die konkrete Ausgestaltung des geplanten Kita-Zweckverbands informiert worden zu sein. Darüber hinaus ist dem Schreiben auch zu entnehmen, dass sich die Vorstellungen des Elternausschusses zur Ausgestaltung und den Aufgaben des Zweckverbands mit der Beschlusslage im Gemeinderat im Ergebnis decken.

Die Ausführungen des Bürgermeisters von Buchholz am 15.03.2021 haben endlich Klarheit in der Frage der organisatorischen Ausgestaltung des Zweckverbands gebracht. Eine umfassende Überleitung aller Träger -aufgaben auf den Zweckverband war nie im Sinne der Ortsbürgermeister. Die Bürgermeister wollten die Personalführung für das Kita-Personal in ihrer Hand behalten und dem Zweckverband allein die Führung von Springerpersonal zubilligen. Die Folgen einer derartig fehlerhaften Aufbau- und Ablauforganisation hätten dann in den Kitas ausgebadet werden müssen. Personalführung bedeutet Steuerungsverantwortung. Wer diese nicht hat, kann folglich nicht steuern. Geteilte Zuständigkeiten in der Personalführung führen häufig zu Störungen in den innerbetrieblichen Abläufen. In der Organisationslehre ist das eine altbekannte Binsenweisheit.

Mit der jetzt gewonnen Klarheit haben sich unsere bisherigen Befürchtung zu Sinn und Zweck von Verhand-lungen im stillen Kämmerlein (Steuerungskreis) leider bestätigt. Dies alles hätte vermieden werden können, wenn von Anbeginn an gegenüber dem Gemeinderat mit offenen Karten gespielt und dieser im Rahmen seiner Verantwortung nach § 32 Abs. 1 S. 2 GemO beteiligt worden wäre. Die in diesem Zusammenhang immer wieder behauptete alleinige Zuständigkeit der Ortsbürgermeister im Rahmen der Erledigung laufender Geschäfte (§ 47 Abs. 1 Nr. 3 GemO) war der untaugliche Versuch, die Klippe des § 32 Abs. S. 2 GemO zu umschiffen. Niemand wird ernsthaft behaupten wollen, dass Verhandlungen über einen Kita-Zweckverband als laufende Geschäfte anzusehen sind. Das sind keine Routineangelegenheiten der täglichen Verwaltung einer Ortsgemeinde! In diesem Zusammenhang von Unterstellungen zu reden, ist schlicht unverständlich.

Mit seinen Ausführungen zu den verfolgten organisatorischen Absichten widerlegt sich Bürgermeister Peuling selbst. Befremdlich muss es anmuten, wenn daneben der Vorwurf der Beleidigung erhoben wird. Beleidigung ist ein Begriff aus dem Strafrecht. Begriffsnotwendig erfordert eine Beleidigung den rechtswidrigen Angriff auf die Ehre eines anderen durch vorsätzliche Kundgebung der Missachtung. Einen solchen Angriff hat es rein tatbestandlich zu keinem Zeitpunkt gegeben, weder bezüglich der Person des Ortsbürgermeisters, noch bezüglich des Gemeinderats von Buchholz.

Sollte jedoch die geäußerte Kritik aus dem Bereich der„Elf-Stimmenmehrheit“ bereits als Beleidigung empfunden worden sein, resultiert das aus einem als überzogen zu wertenden Ehrbegriff. Dass nun der Ortsbürgermeister von Windhagen mit seiner Pressemitteilung seinem Kollegen beispringt, ist nicht verwunderlich. Er hat ja durch „seine Informationspolitik“ seinen Beitrag zu der verfahrenen Situation geleistet. Die von ihm behaupteten Kompromissvorschläge und Hinweise waren nicht wirklich hilfreich. Der Hinweis auf das drohende Scheitern der Gespräche war keine Hilfestellung, die zu einer Öffnung in der Sache geführt hätte. Auch sein „Kompromissvorschlag“ zum Verzicht auf die Entsendung von zwei Ratsmitgliedern in den Steuerungskreis, was schon vom Wortsinn her kein Kompromiss ist, hätte allenfalls dazu geführt, dass das Gremium hätte weiter verhandeln können, um am Ende feststellen zu müssen, dass der gefundene Lösungsansatz nicht trägt. Die gegensätzlichen Grundpositionen hinsichtlich der Übertragung von Zuständigkeiten der Ortsgemeinden auf den Zweckverband – ganz oder teilweise – hätten dann zu diesem späten Zeitpunkt zum Scheitern geführt. Wem wäre damit gedient gewesen?

Wenn ein Gemeinderat seinem Bürgermeister in einer kommunalrechtlich nicht unproblematischen Situation (§ 32 Abs. 1 vs. § 47 Abs. 1 GemO) eine Brücke baut, um die Sache zu bereinigen, wie mit dem Beschluss vom 17.12.2020 geschehen, hat das nichts mit Misstrauen zu tun. Das Gegenteil ist der Fall. Der Beschluss hätte ihm nachträglich Prokura, den Schulterschluss mit seinem Gemeinderat und damit Handlungssicherheit gegeben.

Dass sich an unterschiedlichen konzeptionellen Positionen in dieser Sache ein medialer Schlagabtausch entwickelt hat, ist bedauerlich und sollte so grundsätzlich nicht sein. Diese Diskussionen gehören in den Gemeinderat. Schade nur, dass sich ein politisches Lager, das über viele Jahrzehnte in Windhagen infolge absoluter Mehrheiten quasi ein Alleinstellungsmerkmal hatte, von diesem guten demokratischen Brauch verabschiedet. Stattdessen erliegt man bei Abstimmungsniederlagen der Versuchung, den Weg in die Öffentlichkeit zu suchen, um mit Tatsachenverdrehungen und der Verbreitung von Halbwahrheiten die öffentliche Meinung für sich einzunehmen. Wenn das zudem in scharfem Ton geschieht, darf man nicht erwarten, dass die Angegriffenen dem tatenlos zusehen. Hier sollte man als Außenstehender nicht Ursache und Wirkung miteinander vertauschen. Wer hier eine mediale Hetzjagd angezettelt hat, beantwortet sich aus dem zeitlichen Ablauf der Geschehnisse.

Wir sollten bei aller Gegensätzlichkeit in der politischen Diskussion jedoch nichtvergessen, dass wir in der Verantwortung stehen, für unsere Kinder die bestmögliche Lösung zu finden. Die vom Gemeinderat Windhagen gefassten Beschlüsse sind Ausdruck der Wahrnehmung dieser Verantwortung für das Wohl der Kinder. Die Qualitätsanforderungen des Kita-Zukunftsgesetzes können nicht mehr allein durch die Bürgermeister gewährleistet werden. Daher kann man nur mit Verärgerung zur Kenntnis nehmen, wenn mit Penetranz die „Kinder als Verlierer“ der Windhagener Beschlüsse dargestellt werden.

Wolfgang Probandt

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